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Rückkehrkoordination

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden stellen nach Deutschland rückkehrende Personen aus den ehemaligen Gebieten des sogenannten Islamischen Staates eine mögliche Gefahr dar. Gemeint sind hier nicht nur ehemalige IS-angehörige Männer, sondern auch deren Familien - Frauen und Kinder. Kinder sind grundsätzlich als Opfer zu betrachten, für deren Wohlergehen der Staat eine Verpflichtung hat. Neben der Überprüfung von strafverfolgenden Maßnahmen bei den Erwachsenen wird die erforderliche Einbindung in die entsprechenden kommunalen Strukturen durch die in einigen Bundesländern vorhandenen Rückkehrkoordinierenden organisiert und nachhaltig begleitet. Zu den notwendigen Strukturen in den Kommunen zählen Jugendamt, Schulen und Kitas, Jobsuche u.a.m.

Dazu unterstützen die Rückkehrkoordinierenden die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden, dies beginnt frühzeitig mit dem Bekanntwerden der Rückreise und erfolgt umfassend nach einem ganzheitlichen Ansatz. Verschiedene staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure sind in die Maßnahmen und Angebote involviert.

Die Rückkehrkoordinierenden begleiten diese Abstimmung zwischen den Behörden und Akteuren nachhaltig. Insbesondere im Hinblick auf mögliche Reintegrations- und Deradikalisierungsmaßnahmen nehmen sie Kontakt zu staatlichen oder zivilgesellschaftlichen Strukturen auf, die einen Ausstiegsprozess unterstützen können. Die Rückkehrkoordination ist in Bremen bei KODEX angesiedelt. KODEX bildet die Landeskoordinierungsstelle für Deradikalisierung im tertiären Bereich ab und kann so sicherstellen, dass mögliche Deradikalisierungsmaßnahmen und Ausstiegsarbeit umfassend mitgedacht und geprüft werden.

Steht eine Rückführung an werden die Koordinierungsstellen durch das Auswärtige Amt und das Bundeskriminalamt informiert. Die notwendigen Maßnahmen werden in enger Absprache mit Bundes- und Landesbehörden eingeleitet. Liegt ein Haftbefehl vor, wird dieser selbstverständlich entsprechend umgesetzt. Für Inhaftierte beschränkt sich die koordinierende Tätigkeit vornehmlich auf unterstützende Beratungsangebote, wenn es um den Ausstieg aus der extremistischen Szene geht.

Für nichtinhaftierte Personen – meist die rückgekehrten Frauen und Kinder - werden nach der Einreise nach Deutschland in Bremen die erforderlichen Prozesse angeschoben. Z.B. werden das Jugendamt und Bildungseinrichtungen informiert, alle wichtigen kommunalen Strukturen zusammengebracht sowie Schnittstellen und Zuständigkeiten geklärt. Gerade bei Kindern und Jugendlichen wird die Bedeutung einer funktionierenden Koordinierung deutlich. Information und Kommunikation sind hier die Stichworte. Grundsätzlich werden Kinder und junge Menschen durch Regelstrukturen, wie Jugendämter, Schulen und Kitas, betreut. Die Koordinierenden nehmen aber natürlich auch in diesen Fällen Kontakt zu den unterschiedlichen Stellen auf und vernetzen diese untereinander, um eine langfristige und nachhaltige Unterstützung zu ermöglichen. Die Rückkehrkoordination bietet sich in allen Fällen als kompetenter Ansprechpartner an, notwendige Kontakte werden hergestellt, der gegenseitige Austausch wird bewusst gefördert. Zur Thematik liegen bisher wenig Erfahrungswerte vor. Die Gesamtsituation mit rückgekehrten IS-Angehörigen und deren Familien kann sich aufgrund aktueller Veränderungen sehr dynamisch entwickeln. Deshalb ist der ganzheitliche Ansatz in der Arbeit der Rückkehrkoordinierenden sinnvoll und wichtig.

weiterführende Informationen und Lesetipps

Handlungsempfehlungen für den Behördenübergreifender Umgang mit Rückkehrern aus Jihad-Schauplätzen(2017) vom Landesamt für Verfassungsschutz Bremen.

Interview mit Florian Endres, Leiter der Beratungsstelle Radikalisierung beim BAMF, erschienen auf dem Online-Portal "Infodienst Radikalisierungsprävention" der Bundeszentrale für politische Bildung am 22. Januar 2020. Das Interview führte Lewis Gropp.